Festsitzende Zahnspangen sind einfach besser
Festsitzende Zahnspangen bestehen aus Brackets, die auf die Zähne geklebt werden, und Drähten, die mit den Brackets verbunden werden. Nur noch selten werden die Brackets mit Metallringen, sogenannten Bändern, auf die Zähne zementiert. Die Drähte üben über die Brackets Kräfte und Drehmomente aus, mit denen die Zähne gezielt bewegt werden. Die kieferorthopädische Behandlung mit festsitzenden Zahnspangen ist weltweit seit Jahrzehnten Standard, während die Behandlung mit den althergebrachten herausnehmbaren Apparaten zurückgeht.
Durch ihr großes Plastikvolumen behindern die herkömmlichen herausnehmbaren Zahnspangen stark beim Sprechen. Essen ist mit diesen Apparaten vollständig unmöglich. Die meisten Kinder fühlen sich daher nach kurzer Zeit so eingeschränkt, dass sie die Spangen nur noch nachts tragen. Dies wurde auch in Studien der Universität Tübingen bestätigt: nicht mehr als 10 Stunden Tragezeit können erwartet werden, aber 16 Stunden wären meistens nötig. Mit der geringen Tragezeit ist kaum Fortschritt zu erreichen, so dass ständiger Druck der Eltern notwendig wird, um den Behandlungserfolg zu sichern. Herausnehmbare Spangen haben daher eine hohe Misserfolgsrate von gut einem Drittel und führen zu überlanger Behandlungsdauer, großer Belastung für die jungen Patienten und hohen Kosten. Dazu müssen sie wegen ihrer eingeschränkten Wirkung meistens anschließend von einer festen Spange ergänzt werden, so dass Behandlungszeiten von 4 bis 5 Jahren mit dieser 2-Phasen-Behandlung keine Seltenheit sind. Die meisten herausnehmbaren Zahnspangen sind veraltet und sollten heute gar nicht mehr eingesetzt werden. In unserer kieferorthopädischen Praxis in Mannheim wird deshalb überwiegend mit festsitzenden Zahnspangen gearbeitet.
Modernes Konzept
Aus diesen Gründen wird in den meisten entwickelten Ländern heute spät und festsitzend behandelt. Die Regelbehandlung erfolgt erst nach vollständigem Zahnwechsel mit 11 bis 12 Jahren, und dann mit einer einzigen, festsitzenden Spange mit einer kurzen Behandlungszeit von 9 bis 24 Monaten. Dabei ist eine „Vorbehandlung” mit herausnehmbaren Spangen in der Regel schlichtweg unnötig, da die festen Spangen alle erwünschten Zahnbewegungen allein bewirken. Für die betroffenen jungen Patienten ist diese Behandlungsweise viel angenehmer, denn die festsitzenden Spangen behindern weder beim Sprechen noch beim Essen wesentlich.
Wir als Kieferorthopäden wissen, dass mit einer festen Zahnspange grundsätzlich alles möglich ist, was die jungen Patienten ohne Spange tun. Die Behandlungen mit festsitzenden Spangen werden daher nicht als so belastend empfunden und die Mitarbeit in einer schwierigen Lebensphase wird nicht so stark gefordert. Vor allem sind feste Zahnspangen wesentlich leistungsfähiger als herausnehmbare. Nur mit Brackets ist eine präzise Einstellung der Zähne in allen Raumrichtungen möglich, während die grobschlächtigen herausnehmbaren Spangen nur kippende Zahnbewegungen mit oft ungewissem Ausgang ermöglichen.
Viele wissenschaftliche Untersuchungen zeigten, dass festsitzende Apparaturen das beste Verhältnis von Aufwand und Nutzen bieten: mit ihnen erzielt man höchste Erfolgsquoten, beste Ergebnisse und kürzeste Behandlungszeiten.
Kürzere Behandlung ist gesünder
In unserer kieferorthopädischen Praxis in Mannheim schaffen wir es, die in Deutschland übliche durchschnittliche Behandlungszeit von 4 Jahren auf 18 Monate zu reduzieren. Das gibt für Eltern manchmal Anlass zur Sorge, ob dieses scheinbar hohe Tempo nicht mit mehr Krafteinwirkung und Risiken für die Zähne verbunden wäre. Zum Glück ist das nicht so: die wichtigsten Tricks, um kurze Behandlungen zu erreichen, sind die kluge Wahl des besten Zeitpunkts und das Weglassen überflüssiger Behandlungsschritte. Konkret bedeutet das die Vermeidung von Behandlungen im Grundschulalter vor Ende des Zahnwechsels, und der Verzicht auf Vorbehandlungen mit herausnehmbaren Zahnspangen. Schäden an den Zähnen und Zahnwurzeln kommen ebenfalls mit längerer Behandlungszeit gehäuft vor, so dass die kürzere Behandlungszeit gleichzeitig auch gesünder ist.
Gebremster Fortschritt
Als qualitätsorientierte Kieferorthopäden finden wir es bedauerlich für die jungen Patienten, dass in Deutschland trotzdem so viel herausnehmbare Spangen in Kindermündern zu sehen sind! Fachleute weisen schon lange darauf hin, dass dies auf einen Fehler in unserer Gebührenordnung zurückzuführen ist. So hat der Sachverständigenrat im Gesundheitswesen (SVR) schon 2001 moniert, dass in Deutschland nach wie vor überwiegend herausnehmbare Apparate eingesetzt werden, obwohl die festsitzenden leistungsfähiger seien. Dies hat der SVR darauf zurückgeführt, dass Kieferorthopäden mit herausnehmbaren Apparaten höheren Gewinn erzielen, und gefordert, das Honorar zu Gunsten der festsitzenden Apparate umzuschichten – leider ist jedoch nichts in dieser Hinsicht geschehen. Tatsächlich erwirtschaften Kieferorthopäden in Deutschland mit herausnehmbaren Spangen doppelt so viel Gewinn, als dies mit festsitzenden Apparaturen möglich wäre. Auch wenn es noch einige Kieferorthopäden gibt, die die herausnehmbaren Spangen aus ehrlicher, alter Liebe einsetzen, liegt es auf der Hand, dass auf diese Weise knappe Mittel des Gesundheitswesens fehlgeleitet werden. Kieferorthopäden aus anderen europäischen Ländern staunen jedenfalls ungläubig, wenn sie von den vier- bis fünfjährigen Behandlungen in Deutschland hören und fragen sich, was die Kollegen in dieser langen Zeit eigentlich machen …
Die deutschen Kieferorthopäden werden wegen ihrer schlechten Ausbildung und handfester wirtschaftlicher Interessen weiterhin zu einem großen Teil herausnehmbar behandeln. Auch vom Gesetzgeber ist keinerlei Wille zu erkennen, die festsitzenden Apparate besser zu honorieren. Ändern wird sich dies nur durch einen Bewusstseinswandel auf Seiten der Patienten und der Eltern. Sie sollten wissen, dass in der modernen Kieferorthopädie die Regelbehandlung erst im bleibenden Gebiss mit 11 bis 12 Jahren mit einer einzigen festen Zahnspange erfolgt. Nur etwa 5% der jungen Patienten profitieren von einem früheren Behandlungsbeginn, wobei dies meistens sehr ausgeprägte Fehlstellungen sind, die auch für Laien auffällig sind. Ein Behandlungsbeginn im Grundschulalter sollte vor diesem Hintergrund eine begründete Ausnahme sein, die den Eltern erklärt werden muss.
Den Eltern ist zu empfehlen, einen Kieferorthopäden mit modernem Behandlungskonzept auszusuchen, auch wenn dafür ein längerer Anfahrtsweg in Kauf zu nehmen ist.
Im Jahr 2013 hat Dr. Madsen einen kritischen Leserbrief zu einem Artikel über jahrelange Behandlung mit dem herausnehmbaren Bionator geschrieben, der in den „Fortschritten der Kieferorthopädie/ Journal of Orofacial Orthopedics“ veröffentlicht wurde. Dieser kann hier herunter geladen werden.