Die aktive Platte ist eine herausnehmbare Zahnspange für einen Kiefer. Sie wurde von Charles Nord 1929 erstmals publiziert, später von A.M. Schwarz verbessert und für vielfältige Behandlungsaufgaben empfohlen. Die aktive Platte besteht aus einem Plastikkörper, Halteelementen aus Draht und aktiven Elementen wie Federn und Schrauben. Mit aktiven Platten sind, wie generell mit herausnehmbaren Apparaten, nur sehr einfache Zahnbewegungen möglich. Sie bewirken nur simple Zahnkippungen, aber keine körperlichen Zahnbewegungen, so dass sie sich nur für begrenzte Behandlungsaufgaben eignen.
Tragedauer ist elementar wichtig
Noch weiter eingeschränkt wird ihr Einsatz, weil die Apparate mehr als 15 Stunden am Tag getragen werden müssten, um eine gute Wirkung zu erzielen. Tatsächlich haben Tragezeitstudien ergeben, dass Kinder diese Apparate wegen der unvermeidlichen Sprachbehinderung nicht mehr als 10 Stunden am Tag tragen. Faktisch werden die aktiven Platten fast nur nachts getragen, so dass die Zahnbewegungen nicht zuverlässig erreicht werden und 30-50% der Behandlungen mit Misserfolgen enden.
Selbst wenn die aktive Platte wie gefordert 16 Stunden täglich getragen würde, wären körperliche Zahnbewegungen, vertikale Bewegungen von Zähnen praktisch gar nicht erreichbar, Drehungen von Zähnen nur mit Einschränkungen und auch dies nur bei Schneidezähnen. Alle diese Zahnbewegungen sind dagegen mit festsitzenden Zahnspangen leicht durchzuführen.
Alle Behandlungsaufgaben können mit festsitzenden Apparaturen besser, schneller und für die Patienten komfortabler ausgeführt werden. Auch die oben abgebildete „Dehnung“ des Oberkiefers ist tatsächlich meist nur eine unerwünschte Kippung der Seitenzähne nach außen. Wenn eine wirkliche skelettale Erweiterung des Oberkiefers gewünscht wird, bedarf es einer festsitzenden Gaumennahterweiterung.
Deutsche „Plattenleger“
Die Anwendung der aktiven Platte erfordert allerdings wenig Wissen, handwerkliches Geschick und körperliche Anstrengung. Dazu erwirtschaften Kieferorthopäden unter dem deutschen Honorarsystem mit herausnehmbaren Zahnspangen erheblich mehr Gewinn als mit festsitzenden Apparaten. Aus diesen Gründen steht die aktive Platte bei vielen Kieferorthopäden immer noch hoch im Kurs. International werden die deutschen Kieferorthopäden daher auch als „Plattenleger“ belächelt.
Kinder sind wenig begeistert
Die Begeisterung der jungen Patienten für die Platten hält dagegen in der Regel nur etwa 1-2 Monate an. Danach wird die aktive Platte tagsüber in der Regel nur noch in der Hosentasche getragen. Gut, dass im Anschluss an das „Plätteln“ in der Regel eine zweite Phase mit einer festsitzenden Zahnspange geplant wird. Ehrlicher wäre es allerdings, die aktive Platte einfach ersatzlos zu streichen. Die aktive Platte ist eine veraltete Zahnspange, die heute überhaupt nicht mehr angewendet werden sollte.
Darf es ein bisschen mehr sein? Zwei schöne Sondermodelle der aktiven Oberkiefer-Platte
Es gibt vor diesem Hintergrund heute keine Rechtfertigung mehr für den Einsatz der aktiven Platte. Sie ist trotzdem gegen jede wissenschaftliche Erkenntnis in Deutschland immer noch eine bei Kindern und Jugendlichen sehr häufig eingesetzte Zahnspange. Für diesen Widerspruch müssen unsere jungen Patienten büßen, nicht zuletzt aber auch die Krankenversicherungen mit hohen Ausgaben für unnötige Behandlungsschritte.
Auch wenn die aktiven Platten heute meistens in allerlei lustigen Farben hergestellt werden, gerne auch mit eingearbeiteten Symbolen des Lieblingsfußballklubs etc., ändert das nichts daran, dass die aktive Platte kein angemessenes Behandlungsmittel für heutige kieferorthopädische Behandlungen ist! Wenn die deutschen Krankenversicherungen etwas cleverer wären, würden sie als erstes die üppige Honorierung für das „Plattenlegen“ kürzen und die frei werdenden Mittel für die Behandlung mit festsitzenden Apparaten zur Verfügung stellen – genau das hat schon im Jahr 2001 der Sachverständigenrat im Gesundheitswesen gefordert, ohne dass irgendetwas in dieser Richtung geschehen wäre.
Tipp für Eltern
Achten Sie bei der Auswahl eines Kieferorthopäden darauf, wie stark auf der Webseite die Behandlung mit aktiven Platten und anderen herausnehmbaren Zahnspangen betont wird. Wird der Darstellung herausnehmbarer Apparate viel Text und Bild gewidmet, liegt der Verdacht nahe, dass in dieser Praxis zwar sehr profitabel, aber altmodisch und ineffizient gearbeitet wird – zum Schaden Ihres Kindes!