Craniomandibuläre Dysfunktion, abgekürzt CMD, ist ein zusammenfassender Begriff für meist schmerzhafte Erkrankungen der Kaumuskeln und der Kiefergelenke. Es handelt sich bei etwa drei Viertel der Fälle um Muskelschmerzen und nur bei einem Viertel um Kiefergelenksschmerzen. CMD gehören wie die häufigeren Nacken-, Schulter und Rückenschmerzen in die Gruppe der muskuloskelettalen Schmerzen. Betroffen sind überwiegend Frauen im fruchtbaren Alter bis zur Menopause, Männer in geringerem Umfang mit der selben Altersverteilung. CMD bei Kindern ist selten, das Auftreten in der Pubertät und Adoleszenz zunehmend bis zu einem Altersgipfel mit etwa 40 Jahren, danach abnehmend. Neben Alter und Geschlecht sind vor allem zahlreiche psychische Faktoren als risikoerhöhend für CMD erkannt worden (Angststörung, Depression, posttraumatische Belastungsstörung u.a.). Zu einem gegebenen Zeitpunkt kann man bei 3-10% der Bevölkerung Symptome einer CMD feststellen, die jedoch meistens nicht behandlungsbedürftig sind. Craniomandibuläre Dysfunktionen sind meistens gutartig und selbstbegrenzend, also verschwinden auch von allein wieder, so dass einfaches Abwarten bei geringen bis mittelgradigen Symptomen oft ausreicht. In einigen Fällen können sie jedoch auch zu anhaltenden, chronischen Schmerzen führen. Der Behandlungsbedarf richtet sich ausschließlich nach der persönlichen Einschätzung der Betroffenen.
Symptome: Im Vordergrund stehen Schmerzen im Bereich der Wangen, Schläfen und des Gesichts. Muskelschmerzen äußern sich eher dumpf und schlecht lokalisierbar, während Kiefergelenksschmerzen in der Regel einen hellen, stechenden Charakter haben und gut lokalisierbar vor dem (oder im) Ohr empfunden werden. Zweitwichtigstes Symptom können Einschränkungen der Beweglichkeit des Unterkiefers sein. Früher oft überschätzt wurden die Gelenkgeräusche (Knacken, Reiben), die eher harmlose diagnostische Zeichen als eine Erkrankung sind und kein Anlass für diagnostische oder therapeutische Bemühungen sein sollten.
Diagnostik: wichtigster Teil der Diagnostik ist die Erhebung einer ausführlichen, schmerzbezogenen Krankengeschichte, gefolgt von einer kurzen klinischen Untersuchung und einem Panoramaröntgenbild. Bei Hinweisen auf psychische Belastungsfaktoren sollte begleitend eine orientierende Untersuchung mit geeigneten psychometrischen Fragebögen erfolgen. Artikulatormontage, weitere instrumentelle Funktionsdiagnostik und Magnetresonanztomogramme sind in der Regel überflüssig, teuer und für den Patienten belastend und beunruhigend.
Therapie: CMD verschwinden bei den meisten Betroffenen auch ohne Therapie. Aus diesem Grund sollte die Therapie vor allem dazu dienen, den Patienten über den Berg zu helfen. Bei entsprechendem Leidensdruck und hoher Beeinträchtigung ist eine mulitimodale Schmerztherapie sinnvoll. Für fast alle therapeutischen Ansätze können Erfolge verzeichnet werden: je mehr Verfahren parallel eingesetzt werden, um so mehr Effekt kann verzeichnet werden. Die Therapie sollte nicht-invasiv, reversibel und möglichst einfacher und kostengünstiger Art sein. Diesen Ansprüchen genügen Aufklärung, Anleitung zur Selbsthilfe (Massage, Wärmeanwendung, spezifische und unspezifische Entspannungsverfahren), Physiotherapie, Aufbissschiene und geeignete Medikamente. Eine psychologische Schmerztherapie kann hinzukommen und hat sich als ebenso leistungsfähig oder besser erwiesen als mancher andere Therapieansatz. Grundsätzlich sind bei CMD größere Eingriffe an den Zähnen wie Erneuerung von Zahnersatz oder kieferorthopädische Behandlung keine geeigneten Therapieverfahren, sondern belasten die Patienten nur mit hohen Kosten und Risiken.
Prognose: CMD sind eine gutartige und selbstbegrenzende Erkrankung, die in der Regel ohne Therapie verschwindet. Betroffene sollten nicht beunruhigt sein und optimistisch auf die Selbstheilung vertrauen. In den seltenen Fällen von Chronifizierung sollte ein mit Schmerztherapie vertrauter Arzt/Zahnarzt oder ein spezieller Schmerztherapeut hinzugezogen werden.