Von der Antike bis 1850
Bereits in der Antike finden sich in der medizinischen Literatur gelegentlich kieferorthopädische Ratschläge. Schon Hippokrates beschrieb 400 v. Chr. abweichende Zahnstellungen. Celsus (25 v. – 50 n. Chr.) empfahl die Entfernung von Milchzähnen, um den bleibenden Nachfolgern Platz zu schaffen und gab den Ratschlag, vorstehende Zähne mit Fingerdruck in die Zahnreihe zu bewegen. Bei Galen (129 – 199 n. Chr.) findet sich der Vorschlag, bei eng stehenden Zähnen Platz durch Befeilen von Zähnen zu schaffen. Es ist bemerkenswert, dass sowohl die Extraktion von Milchzähnen als auch das Beschleifen bleibender Zähne bis heute in der Kieferorthopädie Anwendung finden.
Erst mit der Wiederentdeckung der antiken medizinischen Literatur in der Renaissance wurden solche kieferorthopädischen Ratschläge wieder aufgenommen. Fabricius beschrieb 1619 das Ziehen von Zähnen bei starkem Platzmangel – auch dies ist eine noch heute gültige Methode. Der Franzose Pierre Fauchard, einer der Gründerväter der Zahnmedizin, beschrieb 1728 die Verwendung eines Außenbogens aus Elfenbein zur Korrektur schiefer Zähne. Bei dem englischen Chirurgen John Hunter findet sich 1750 die Beschreibung einer festsitzenden Zahnspange, die aus einem Metallbogen und Ligaturen bestand.
Die Menschen litten jedoch bis weit in die Neuzeit hinein wesentlich mehr unter den oft schmerzhaften Folgen der Zahnkaries und der Parodontitis als unter abweichenden Zahnstellungen, die deshalb vermutlich kaum als Problem wahrgenommen wurden. Entsprechend selten sind bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts daher auch Literaturstellen zu kieferorthopädischen Fragen zu finden.