Zahnspangen 1970 bis heute
Seit 1970 wurde der Unterricht mit festsitzenden Zahnspangen an deutschen Universitäten nach und nach wieder eingeführt, nachdem die deutsche Kieferorthopädie sich jahrzehntelang dogmatisch auf herausnehmbare Zahnspangen beschränkt hatte. Dies hatte zu einer zunehmenden wissenschaftlichen Isolierung der deutschen Kieferorthopäden geführt. Die Nachwirkungen der „funktionskieferorthopädischen“ Dogmenwelt ist jedoch unter deutschen Kieferorthopäden bis heute spürbar, da viele von ihnen immer noch glauben, mit herausnehmbaren Zahnspangen „irgendwie“ etwas Besseres für ihre kleinen Patienten erreichen zu können als mit festsitzenden Apparaten.
Gleichzeitig haben die US-Kieferorthopäden festgestellt, dass sie mit dem Einsatz herausnehmbarer Zahnspangen die Patienten früher und länger an ihre Praxen binden und so die Behandlungskosten erhöhen und den Praxisumsatz steigern können. Die Entscheidung pro herausnehmbare Zahnspange und Frühbehandlung ist in den USA also ganz überwiegend damit motiviert, mehr Geld zu verdienen. Auf diese Weise haben sich Art und Weise der kieferorthopädischen Behandlung international in den letzten Jahrzehnten etwas angenähert.
Die fachliche Entwicklung wurde durch ständige technische Weiterentwicklung vor allem der festsitzenden Zahnspangen gekennzeichnet. Wissenschaftlich erleben wir die langsame Verdrängung der auf persönlicher Autorität und Rhetorik aufgebauten früheren „Schulen“ durch eine für alle Kieferorthopäden in gleicher Weise geltende Verankerung in der evidenzbasierten Medizin. Die Qualität der wissenschaftlichen Fachartikel ist in der Kieferorthopädie besonders seit Mitte der 90er Jahre tendenziell besser geworden. Dies zeigt sich unter anderem durch eine steigende Zahl Publikationen über randomisierte, kontrollierte Studien und systematischen Übersichtsartikeln, die das Wissen der Zeit zusammenfassen und für den einzelnen Arzt nutzbar machen.